Neurochirurgie Scan 2013; 01(02): 143-156
DOI: 10.1055/s-0033-1344550
Fortbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Meningomyelozele und Hydrozephalus: interdisziplinäres Management

I. Y. Eyüpoglu
,
R. Trollmann
,
O. Ganslandt
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Publication Date:
12 August 2013 (online)

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Zusammenfassung

Der kongenitale Hydrocephalus (kHC) umfasst ein ätiologisch breites Spektrum von angeborenen Fehlbildungen sowie erworbenen Läsionen und erfordert angesichts der Akuität und Schwere des Krankheitsbildes ein rasches neurochirurgisches und interdisziplinäres Handeln. Obwohl die entwicklungsneurologische Prognose entscheidend von der zugrundeliegenden Genese des kHC bestimmt wird, konnte die Mortalität und Morbidität von Kindern mit kHC durch Fortschritte der chirurgischen Therapie entscheidend verbessert werden. Mit der endoskopischen Drittventrikulostomie (ETV) steht ein endoskopisches Verfahren mit geringer Komplikationsrate für ausgewählte Patienten mit kommunizierendem kHC zur Verfügung. Die Meningomyelocele, der häufigste und klinisch bedeutsamste Neuralrohrdefekt, geht in mehr als 80 % mit einem HC einher. Moderne neurochirurgische und plastisch-chirurgische Techniken zur primären Deckung der Cele tragen substantiell zur Vermeidung von Komplikationen, insbesondere Infektionen und sekundärer neurologischer Schädigung, bei. Die exakte Diagnose von assoziierten ZNS-Fehlbildungen wie der Chiari-II-Malformation ist Voraussetzung für die spezifische Therapie und vor allem Prävention von Komplikationen. Der Stellenwert alternativer operativer Behandlungsoptionen wie der pränatalen minimal invasiven chirurgischen Therapie ist derzeit ungeklärt.

Durch die Etablierung interdisziplinärer ambulanter Betreuungskonzepte kann eine spezialisierte Langzeitbetreuung mit dem Ziel der individuell optimalen Rehabilitation, der Prophylaxe von Komplikationen und psychosozialer Unterstützung angeboten werden.

Kernaussagen

Störungen der primären Neurulation in der 3.–4. Gestationswoche mit Differenzierungsdefekten führen zur Persistenz der embryonalen Plakode. Diese kommt offen bzw. nur von einem dünnen Häutchen bedeckt an der Oberfläche zu liegen mit sich lateral davon bildenden Wirbelbögen und Muskulatur. Es resultieren Neuralrohrdefekte in Form von Dermalsinus, Spina bifida occulta oder aperta – bei Letzterem am häufigsten als Meningomyelozele. Da die Diagnose einer Dysraphie meist pränatal gestellt wird, kann der erforderliche operative Eingriff frühzeitig interdisziplinär geplant werden. Wegen des Infektionsrisikos ist die Operation in den ersten postnatalen Tagen durchzuführen. Ein pränataler Eingriff bringt – bei hohem Abortrisiko – keinen signifikanten Vorteil gegenüber der postnatalen Therapie.

Im Rahmen einer MMC tritt in bis zu 90 % der Fälle ein kongenitaler Hydrozephalus auf. Als bildgebende Methode der Wahl zur Diagnostik und Therapieplanung hat sich das MRT erwiesen. Operative Behandlungsmethoden bestehen in der Anlage von Shuntsystemen oder einer Ventrikulostomie. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie mit interdisziplinärer Langzeitbetreuung ermöglicht für viele Betroffene eine annähernd normale Lebenserwartung und -qualität.